Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
12.11.2012 / 09:08
Dr. Thomas A. Lange, Vorsitzender des Vorstands der National-Bank AG, Essen
'Bankenabgabe und Finanztransaktionssteuer hinterlassen Bremsspuren'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
2011 feierte die National-Bank AG mit Sitz in Essen, die Mitglied des Deutschen Aktieninstituts ist, ihr 90-jähriges Bestehen. Im Februar 2011 wurde Dr. Thomas A. Lange zum Vorsitzenden des Vorstands der Bank ernannt, die er bereits seit 2007 als Sprecher des Vorstands leitet. Mit der Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands würdigte der Aufsichtsrat der National-Bank die besonderen Leistungen Langes, dem es trotz Bankenkrise gelungen ist, in den letzten Jahren Rekordergebnisse vorzulegen. Wie es der National-Bank gelungen ist, so erfolgreich zu sein, und wie sich die Unternehmensfinanzierung entwickeln wird, erklärt Dr. Thomas A. Lange in einem Interview mit dem Finanzplatz.
Interview
Herr Dr. Lange, im Gegensatz zu anderen Regionalbanken hat die National-Bank nicht unter den Folgen der Finanzkrise zu leiden gehabt. Ganz im Gegenteil konnte Ihr Haus für 2011 ein Rekordergebnis vorlegen. Was ist Ihr Geheimrezept?
Es ist weniger ein Geheimrezept als vielmehr ein überzeugendes und ausschließlich durch unsere Kunden getragenes Geschäftsmodell, das uns nicht nur 2011, sondern auch in den Jahren zuvor exzellente Ergebnisse ermöglichte. Unsere konsequente und regionale Konzentration auf guten Service und auf überzeugende Beratung suchende Privatkunden, mittelständische Firmenkunden und institutionelle Investoren ist, gepaart mit der Kompetenz und dem Engagement unserer Mitarbeiter, eine solide und stabile Grundlage. Wir betreiben kein Investmentbanking in dem Sinne, dass wir durch das Eingehen zumeist spekulativer Positionen möglichst hohe Eigenhandelsgewinne realisieren. Wir haben – ganz bewusst – keine Staatsanleihen südeuropäischer Länder erworben. Und schließlich: Unsere Aktien sind weder zum Handel an einer Börse zugelassen, noch verfügen wir über ein externes Rating. Für uns gilt: Wir sind privat und konservativ. Das ist unsere DNS.
Hat sich die positive Entwicklung in diesem Jahr fortgesetzt? Wie wird sich der Markt 2013 entwickeln, und was bedeutet das für Ihre Bank?
Ja, die positive Entwicklung hat sich, soweit unser Kundengeschäft betroffen ist, auch im laufenden Jahr fortgesetzt. Soweit die Anlage unserer Liquiditätsbestände betroffen ist, spüren wir dagegen zunehmend den Druck, der von der Null-Zins-Politik der EZB für die Banken ausgeht. Hinsichtlich der Marktentwicklung bin ich für das nächste und die folgenden Jahre nicht sorgenfrei. Wir stehen am Anfang einer länger anhaltenden Niedrigzinsphase. Hinzu kommen deutliche Abkühlungstendenzen der Wirtschaft. Zudem wird eine Reihe von Banken noch immer durch den Staat als Aktionär gestützt und dadurch der Wettbewerb verzerrt. Und die europäische Staatsschuldenkrise schwebt über manchen wie ein Damoklesschwert. Das sind keine guten Rahmenbedingungen. Nicht nur für die Finanzwirtschaft.
Die Mittelstandsfinanzierung ist einer der Eckpfeiler Ihres Geschäftsmodells. Welche Auswirkungen werden die nächstes Jahr in Kraft tretenden Regulierungsvorhaben Basel III und CRD IV auf die Mittelstandsfinanzierung im Allgemeinen haben? Welche Bedeutung haben diese Regulierungen für die National-Bank?
Basel III sieht höhere Kapitalquoten vor. Mit mehr als 10 Prozent Kernkapital erfüllt die National-Bank diese längst. Höhere Kapitalquoten sind aus Gründen der Systemstabilität richtig, aber es wird Kredite perspektivisch verteuern. Basel III sieht aber ebenso die Einführung bestimmter Liquiditätsvorgaben für die Refinanzierung von Banken und Sparkassen vor. Das wird zu zeitlichen Begrenzungen bei der Laufzeit von Krediten führen, sofern diese durch Kundeneinlagen refinanziert werden. Das gilt auch für mein Haus. Ein konservatives Institut wie die National-Bank, das sein Geschäft ganz überwiegend durch Eigenkapital und Kundeneinlagen refinanziert, wird damit in seiner dienenden Funktion für langfristig finanzierende Privat- und Firmenkunden beschränkt.
Seit 2011 wird von allen Kreditinstituten eine Bankenabgabe verlangt, die zur Finanzierung eines Restrukturierungsfonds dient und die Risikofreude der Banken reduzieren soll. 2010 haben Sie davor gewarnt, dass die Bankenabgabe auf die Unternehmensfinanzierung durchschlagen wird. Haben sich Ihre Befürchtungen realisiert?
Entwicklungen in der Kreditwirtschaft vollziehen sich nicht über Nacht. Das gilt sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Insofern ist es noch zu früh, Ihre Frage abschließend zu beantworten. Ich bleibe aber unverändert bei meiner Einschätzung. Dies vor allem auch deshalb, weil die Bankenabgabe zusammen mit den anderen auf den Weg gebrachten und sich noch abzeichnenden Regulierungsmaßnahmen wie beispielsweise der Finanztransaktionssteuer neben den schon beschriebenen Marktentwicklungen weitere Bremsspuren sowohl in der Wirtschaft als auch für die privaten Haushalte nach sich ziehen wird.
Seit 2009 müssen die Banken ihre Wertpapierberatung protokollieren. Wie hilfreich ist diese Verpflichtung der Banken für die Bankkunden? Sollte es zukünftig nur noch die honorarbasierte Wertpapierberatung geben?
Meine Wahrnehmung aus zahlreich und regelmäßig geführten Kundengesprächen ist eine Unzufriedenheit über die teilweise erschlagenden Dokumentationserfordernisse. Kein Zweifel – es gab und gibt schwarze Schafe in meinem Gewerbe, ebenso wie in anderen Teilen der Wirtschaft. Aber der Gesetzgeber neigt durch die Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses dazu, die Geschäftsfähigkeit gezielt bei Bankgeschäften einzuschränken. Das empfinde ich als problematisch. Eine ausschließliche Honorarberatung halte ich nicht für richtig. Die Kunden sind mündig. Sie sollen und müssen wählen können. Schließlich ist es ihr Geld.
Der Vorschlag einer europäischen Bankenunion hat heftige Diskussionen ausgelöst. Gemeinsame Aufsicht, gemeinsame Regelungen zur Abwicklung einer Bank, zukünftig vielleicht ein gemeinsamer Einlagensicherungsfonds – was wäre daran so schädlich?
Mit Ausnahme eines gemeinsamen Einlagensicherungsfonds gar nichts. Im Gegenteil. Die privaten Banken in Deutschland haben schon sehr frühzeitig deutlich gemacht, dass sie sowohl eine einheitliche europäische Aufsicht als auch einheitliche Regelungen zur Abwicklung von Instituten begrüßen. Eine europäische Einlagensicherung hingegen ist ein Irrweg, denn es fehlt jede Legitimation, die Eigentümer der deutschen Kreditwirtschaft für Institutszusammenbrüche und damit für das Versagen von Management und Aufsicht, Eigentümern oder Trägern in anderen Ländern haften zu lassen. Wir müssen aufpassen, dass die bisherige Stärke der deutschen Kreditwirtschaft im europäischen Wettbewerb nicht geschmälert wird. Deutschland braucht einen starken Finanzsektor für seine starke Wirtschaft, auch wenn beides manchem in Europa ein Dorn im Auge ist. Es ist doch bemerkenswert, dass in der Diskussion um eine europäische Einlagensicherung gegenwärtig die Vertreter der Staaten am lautesten zu vernehmen sind, die bislang weder qualitativ noch quantitativ dem deutschen Selbstverständnis im Ansatz vergleichbare Siche-rungssysteme installiert haben. Da lässt sich mit Goethe sagen: 'Man merkt die Absicht und ist verstimmt.'