Deutsches Aktieninstitut e.V.
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges 'Transparenzgebote ungeeignet, Verbraucherschutz in der Finanzbranche zu stärken' Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz Karl Matthäus Schmidt ist Pionier und Regelbrecher in der Bankenbranche. Der Vorstandsvorsitzende der quirin bank legt sich mit seinen provokanten Thesen zum Provisionsbanking nicht nur mit den Großen seiner Zunft an. Ganz bewusst hat er Quirin, den Lanzenträger auf dem Pferd, zum Namenspatron seiner Bank gemacht. Der Reiter ist zum Sinnbild seines Kampfes für die Honorarberatung geworden. Im Gespräch mit dem Finanzplatz bricht er eine Lanze für die Honorarberatung, die Aktie und mehr ökonomische Bildung an Gymnasien. Interview mit Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des Vorstands, quirin Bank AG, Mitglied im Deutschen Aktieninstitut Herr Schmidt, war 2012 war für Banken ein schwieriges Jahr? Wie konnte sich das Geschäft der quirin bank in diesem Umfeld entwickeln?
Wer das Jahr 2012 in der Bankenbranche Tag für Tag erlebt hat, der weiß, dass es ein schwieriges Jahr war. Unverändert prägte die europäische Schuldenkrise mit andauernden politischen Interventionen das Geschehen an den Finanzmärkten. Hinzu kamen Kreditausfälle bei Banken, allgemeine Konjunktursorgen und der andauernde Kampf um das Privatkundengeschäft. Da der Gesetzgeber zudem die regulatorischen Daumenschrauben weiter anzog, sahen sich viele Institute aufgrund des zusätzlichen Kostenaufwands zum Stellenabbau gezwungen. Die quirin bank betreibt seit 2006 Honorarberatung und betreut einen Kundenstamm mit 8.700 Kunden. Wieso tun sich die Deutschen mit der Honorarberatung so schwer? Wie wollen Sie die bis 2014 angestrebten 20.000 Kunden gewinnen? Im Jahr 2006 haben wir in der Honorarberatung mit 700 Kunden begonnen. Heute haben wir unsere Kundenzahlen inzwischen mehr als verzwölffacht. Das verwaltete Kundenvermögen wurde auf 2,4 Milliarden Euro verfünffacht. Ich finde, das sind Werte, die sich sehen lassen können. Ob und wann wir welche Kundenzahlen erreicht haben, ist dabei nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass sich die Honorarberatung – auch durch die verstärkte Aufklärung des Verbrauchers – langfristig durchsetzen wird. Da sind wir auf einem sehr guten Weg, da wir kontinuierlich und nachhaltig weiter wachsen. In den Medien haben Sie sich mehrfach für ein Verbot von Provisionen im Finanzvertrieb stark gemacht. Wieso reicht es nicht aus, wie jetzt auf europäischer Ebene vorgesehen, Transparenz bezüglich der erlangten Provisionen zu erreichen und den Verbraucher entscheiden zu lassen? Wer soll sich um die Kunden kümmern, die nicht die 50.000 EUR mitbringen, die Sie als erforderliche Mindestsumme für die Honorarberatung nennen?
Zehn Jahre Transparenzvorschriften im Finanzdienstleistungsmarkt haben nichts gebracht und auch verschärfte Transparenzgebote sind nicht geeignet, den Verbraucherschutz in der Finanzbranche zu stärken. Dies hat eine Studie zum Finanzmarkt in Großbritannien im Auftrag des Berufsverbands deutscher Honorarberater ergeben. Großbritannien führt dementsprechend in diesem Jahr ein flächendeckendes Provisionsverbot ein. Ich gehe davon aus, dass die immer strenger werdende Regulierung auch in Deutschland in fünf bis zehn Jahren zu einem Provisionsverbot, mindestens aber zu einer Einführung von Nettotarifen für Finanzprodukte führen wird. Insofern rechne ich mit steigenden Marktanteilen für die Honorarberatung, die sich mittelfristig auf 15% bis 20% erhöhen sollten. Verstärkt wird dieser positive Trend durch Initiativen auf europäischer Ebene im Rahmen der MiFID II, Gesetzesinitiativen einzelner europäischer Länder sowie die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sachen 'Kick-back', die ein enormes Haftungspotenzial für Banken in sich birgt. Der Druck auf das Provisionsmodell in Deutschland wird sich also weiter erhöhen. Das Bundeskabinett hat Ende 2012 den Entwurf eines Honoraranlageberatungsgesetzes beschlossen, in dem die Bezeichnung Honorar-Anlageberater geschützt wird. Wird dieser Gesetzentwurf der Honorarberatung in Deutschland Auftrieb geben? Der neue Gesetzentwurf ist ein erster Schritt zu mehr Verbraucherschutz im deutschen Finanzberatungsmarkt. Begrüßenswert ist hierbei, dass die Honorarberatung erstmals begrifflich erfasst und definiert wird. Präzisierungsbedarf besteht allerdings noch in Detailfragen. So ist es im Sinne einer wirklich kundenorientierten Beratung von großer Bedeutung, eine produktunabhängige, ganzheitliche Finanzberatung anzustreben. Diese umfasst neben der Beratung zu Wertpapieren und Vermögensanlagen auch den Bereich der Versicherungen, das Bausparen sowie Finanzierungen. Zweitens ist es wichtig, dass auch provisionsbasierte Finanzdienstleister, zum Beispiel Finanzvermittler, einer klaren Bezeichnungspflicht unterliegen, damit für den Verbraucher erkennbar ist, ob es sich um provisionsabhängige Vermittlung oder eine honorarbasierte Beratung handelt. Und schließlich wäre die steuerliche Gleichstellung von Honoraren und Provisionen zu regeln. Heute wirken sich Provisionen steuermindernd auf die Abgeltungssteuer aus, Honorare dagegen nicht. Das Deutsche Aktieninstitut hat in einer Ende letzten Jahres veröffentlichten Studie zum Thema Produktinformationsblätter festgestellt, dass sich Banken wegen der Pflicht, Kunden Produktinformationsblätter für einzelne Aktien vorlegen zu müssen, zunehmend aus der Aktienberatung zurückziehen. Wie schätzen Sie den Nutzen von Produktinformationsblättern für den Kunden ein? Ich halte den Nutzen von Produktinformationsblättern für begrenzt. Die Produktinformationen sind häufig voller Fachbegriffe. Hinzu kommt ganz generell die Überforderung des Anlegers mit Informationen: Das 'Kleingedruckte' in den Vertragsbedingungen verwirrt. Es sind zu viele Informationen verfügbar, um eine Entscheidung zu treffen. Die angebotenen Produkte sind oft kompliziert zu verstehen. Mehr Bürokratie macht weder die Beratung besser noch nützt sie dem Anleger. Daher plädiere ich für einen einfachen, aber effizienten Weg, um Anleger zu schützen: die Beweislastumkehr. Im Zweifel muss die Bank beweisen, dass sie den Anleger richtig beraten hat, und nicht der Anleger muss der Bank beweisen, dass er falsch beraten wurde. Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um die Aktienakzeptanz in Deutschland zu verbessern?
Leider begegnen Anleger in Deutschland der Aktienanlage nach wie vor mit Skepsis, auch wenn Aktien aufgrund des aktuell niedrigen Zinsniveaus für Festgeld fast als 'alternativlos' erscheinen. Negative Erfahrungen sind für den sicherheitsorientierten deutschen Anleger offenbar auschlaggebend und nicht das langfristig attraktive Chancen-Risiken-Profil der Aktie. Leider wird mit diesem Sicherheitsbedürfnis viel Unfug getrieben. So sind die Deutschen mit 100 Milliarden Euro in oftmals riskanten Zertifikaten investiert. Diese sind nichts anderes als Wetten mit Banken und daher volkswirtschaftlich gesehen völlig nutzlos. Umso wichtiger ist es, in breiten Schichten der Bevölkerung das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Aktie ein Instrument des langfristigen Vermögensaufbaus und kein 'Zockerinstrument' ist. Durch entsprechende Bildungsangebote muss schon in den Gymnasien damit begonnen werden, über die Funktionsweise der Kapitalmärkte und der Börse aufzuklären. Aktien sollten als lohnenswertes Investment in das Produktivkapital eines Wirtschaftssystems begriffen werden. Ende der Corporate News 19.02.2013 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. Medienarchiv unter http://www.dgap-medientreff.de und http://www.dgap.de |
201536 19.02.2013 |