Deutsches Aktieninstitut e.V.
Deutsches Aktieninstitut e.V.:
Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges 'Einführung der Finanztransaktionssteuer nicht zielführend' Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz Als Dominik Asam vor einem Jahr zum Finanzvorstand der Infineon Technologies AG berufen wurde, dachten viele Marktteilnehmer bereits, dass die Finanzkrise der Vergangenheit angehöre. Seitdem hat sich das Bild jedoch gewandelt. In einem Interview mit dem Finanzplatz spricht Dominik Asam über die Auswirkungen der Finanzkrise auf seine Arbeit, gute und schlechte Regulierungsansätze und die Aussichten für 2012. Interview mit Dominik Asam, Finanzvorstand, Infineon Technologies AG Herr Asam, wie macht sich die Unruhe an den Kapitalmärkten in Ihrem Ressort bemerkbar? Anspruchsvoll ist es insbesondere in der Treasury-Abteilung und dort speziell auf der Anlageseite. Wie an den Kreditausfall-Swapsätzen abzulesen ist, ist das Vertrauen des Kapitalmarkts in viele Banken auf ein historisches Tief gesunken. Dies führt zu erhöhten Refinanzierungskosten dieser Institute, wodurch wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird, das Ausfallrisiko erhöht sich. Der Risikospirale können wir nur durch noch größere Diversifizierung der Anlagen und noch strengere Selektion begegnen. Auf der Finanzierungsseite hingegen haben wir keine Probleme, da sich Infineon derzeit nicht extern finanzieren muss. Die Verknappung und Verteuerung von Bankkrediten betrifft uns nicht. Bei Aktienrückkäufen über Put-Optionen profitieren wir sogar von der stark gestiegenen Nervosität und Volatilität an der Börse. Wir können Wandelanleihen und Aktien günstiger zurückkaufen und höhere Prämien für Put-Optionen einnehmen. Wie sieht die Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategie von Infineon mittel- bis langfristig aus? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Krise an den Märkten? Als kapitalintensives Unternehmen in einer zyklischen Industrie muss Infineon jederzeit über ein ausreichendes Liquiditätspolster verfügen. Wir wollen nicht auf einzelne Finanzierungsquellen und bestimmte Marktfenster angewiesen sein, sondern auch antizyklisch agieren können. Die Basis hierfür ist eine gute Aktienperformance und ein starkes Finanzprofil. Zudem muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Investitionen einen positiven Wertbeitrag leisten – und zwar dauerhaft. Bei attraktiver Verzinsung werden unsere Investoren ihr Kapital Infineon weiterhin gerne zur Verfügung stellen. Kurzum: Die beste Basis für die Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategie ist eine operativ erfolgreich umgesetzte Unternehmensstrategie. Ziel der Regulierungsanstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene ist, eine Finanzkrise wie die aktuelle künftig zu verhindern. Sind Sie der Ansicht, dass die Regulierungsvorschläge in die richtige Richtung gehen? Was sollte Ihrer Meinung nach noch in Angriff genommen werden? Generell sind die Regulierungsanstrengungen zu begrüßen. Es besteht jedoch auch ein Risiko, durch übertriebene, nicht zielführende Regulierung Schaden anzurichten. Als ein Beispiel sei hier die geplante Einführung der Finanztransaktionssteuer genannt. Die entstehenden Kosten werden mit großer Wahrscheinlichkeit an den Endverbraucher weitergegeben; die Marktteilnehmer könnten auf unbesteuerte Finanzplätze oder das Schattenbankensystem ausweichen. Nimmt das Handelsvolumen in den besteuerten Märkten ab, sinkt die Liquidität, was wiederum zu höheren Kursschwankungen führt. So würde eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt ist. Ich würde mir wünschen, dass sich die Regulierung stärker darum bemüht, prozyklisches Handeln zu unterbinden. Die Methodik zur Berechnung von Eigenkapitalanforderungen sollte sich an sehr langfristigen Ausfallwahrscheinlichkeiten, Volatilitäten und Korrelationen orientieren, statt zu sehr auf's aktuelle Marktgeschehen abzustellen. Zusätzlich sollten auch in guten Zeiten turbulente Phasen durch 'Stresstests' simuliert werden. Die Banken, die als Verursacher der Finanzkrise gelten, stehen im Mittelpunkt der Regulierungsvorschläge auf europäischer und nationaler Ebene. Wie wird sich die Pflicht, mehr Eigenkapital vorzuhalten, auf die Finanzierung der Unternehmen auswirken? Werden die Unternehmen die Kapitalmärkte stärker als früher in Anspruch nehmen? Der Wunsch nach einer höheren Eigenkapitaldecke bei den Banken wird tendenziell dazu führen, dass die Kreditvergabe restriktiver und die Konditionen für Unternehmen schlechter werden. Emittenten mit Kapitalmarktzugang – und das sind insbesondere große Unternehmen – werden sich wahrscheinlich verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren. Bei bestimmten Produkten, wie z.B. Bürgschaften und Brückenfinanzierungen, werden aber auch diese Unternehmen weiterhin Kreditkapazität der Banken benötigen. Die Europäische Kommission möchte auch die Ratingagenturen stärker regulieren. So sollen die von den Unternehmen beauftragten Ratingagenturen nach einem gewissen Zeitablauf gewechselt werden. Darüber hinaus sollen das Unternehmensrating und das Rating für die Anleihen des Unternehmens von unterschiedlichen Agenturen vorgenommen werden. Was würde dies für ein Unternehmen wie Infineon für Folgen haben? Keine, da wir nicht geratet sind. Unsere Finanzierungspartner haben sich bislang ohne Agenturhilfe ein Bild von Infineon gemacht. Eine zwangsweise Rotation von Ratingagenturen brächte für die Verlässlichkeit und Güte ihrer Einschätzungen meines Erachtens wenig: Es braucht Zeit, sich in bestimmte Industrien und Unternehmen einzuarbeiten. Viel wichtiger wäre, wenn offensichtliche Interessenkonflikte, wie diese z.B. bei Structured Credit Produkten zu beobachten waren, durch geeignete Regulierung unterbunden werden. Das bedeutet aber auch, dass Ratingagenturen unabhängig von allen Emittenten sein müssten – auch von Staaten. Unabhängigkeit und der Ausschluss von Interessenkonflikten werden definitiv nicht durch das kollektive 'Rating Agency Bashing' erreicht. Bereits seit 2004 orientiert sich Infineon an den Prinzipien des UN Global Compact. Nachhaltigkeit ist also bei Infineon kein Fremdwort. Wie beurteilen Sie den vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodex? Sollte der Kodex für die Unternehmen verpflichtend sein?
Grundsätzlich sollte das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit von Eigenverantwortung und Freiwilligkeit leben. In der Präambel des vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist dieser Grundgedanke der Freiwilligkeit berücksichtigt.
Bereits heute berichten wir über unsere Nachhaltigkeitsleistungen im Geschäftsbericht. Auf EU-Ebene gibt es derzeit im Rahmen einer geplanten Richtlinie Diskussionen zur Berichterstattung über nicht-finanzielle Leistungsindikatoren von Unternehmen. Darüber hinaus existiert die Global Reporting Initiative, die weltweit verbreitet ist und klare – wenngleich freiwillige – Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung macht. Herr Asam, Infineon stellt Halbleiter für die Bereiche Automotive, Industrial & Multimarket und Chip Card & Security her. Wieso hat sich Infineon für diese Bereiche entschieden?
Infineon hat seit der Gründung 1999 in diesen Märkten ein profitables Wachstum deutlich über dem der Weltwirtschaft erzielt. Getrieben wird die Nachfrage nach unseren Produkten von globalen Trends bei Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit. Auskömmliche Margen sind hier möglich, da hohe Eintrittsbarrieren bestehen. Außer in Europa ist Infineon sehr stark in China engagiert. Infineon will sogar 'Local Citizen' werden. Was versprechen Sie sich davon? Wie entwickelt sich die Halbleiterindustrie in China und mit was für Folgen für Infineon? China steuerte im Geschäftsjahr 2010/2011 rund 17% zum Konzernumsatz bei. In Asien waren es sogar 41% – ein Rekordwert im DAX. Für manche Produkte, wie beispielsweise IGBT-Schalter für sehr hohe Spannungen und Ströme, ist China bereits heute der größte nationale Einzelmarkt. Und der Ausblick für den chinesischen Halbleitermarkt ist sehr gut. In den nächsten zehn Jahren wird die Mittelschicht in China rapide wachsen, die Nachfrage nach Gütern mit Halbleitern, z.B. Autos, entsprechend zunehmen. Es ist für uns also wichtig, in diesem Markt optimal aufgestellt zu sein. Das heißt für Infineon so nahe wie möglich am Markt und am Kunden zu sein – daher die Initiative 'China Local Citizen'. Unter diese Initiative fällt beispielsweise die Montage in Wuxi oder das Design-Center in Peking. Daneben treiben wir eine Vielzahl von Einzelprojekten voran, mit denen Infineon in allen operativen Segmenten bestmöglich lokal in China verwurzelt sein soll. Auch Brasilien gilt als Wachstumsmarkt. Trotzdem trägt Südamerika zum weltweiten Umsatz von Infineon nichts bei. Wieso ist Infineon nicht stärker in Brasilien vertreten? Gibt es spezielle Eintrittshürden in den Markt? Die hohen Wachstumsraten in Brasilien lassen nicht automatisch auf eine hohe Nachfrage nach Halbleitern schließen. Südamerika insgesamt trug im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 etwas weniger als ein Prozent zum Konzernumsatz bei; davon entfiel der Löwenanteil auf Brasilien. Wir beobachten, dass in vielen Fällen die Kaufentscheidungen für Halbleiter und auch der Einbau von Halbleitern in Sub-Systeme außerhalb Brasiliens stattfinden; unser adressierbarer Markt dort ist daher noch verhältnismäßig klein. Nichtsdestotrotz hat Infineon vor rund einem Jahr damit begonnen, den Markt mit lokalem Vertriebspersonal und Management stärker zu erschließen. Auch in den Schwellenmärkten zeigt sich jedoch eine konjunkturelle Abkühlung. Wagen Sie eine Prognose, wie sich die Wirtschaft 2012 entwickelt? Im derzeitigen Umfeld scheint die Entwicklung der Weltkonjunktur primär von der Politik, den europäischen Staatshaushalten sowie von der Einschätzung der Kapitalmärkte zu diesen Themen getrieben zu sein. Die Unsicherheit über die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise auf das Weltwirtschaftswachstum hat definitiv negative Effekte. Unsere Kunden üben sich zunehmend in Kaufzurückhaltung. Wir prognostizieren daher für das Geschäftsjahr 2012 einen Umsatzrückgang um einen mittleren einstelligen Prozentsatz. Ende der Corporate News 12.01.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. Medienarchiv unter http://www.dgap-medientreff.de und http://www.dgap.de |
152529 12.01.2012 |