Deutsches Aktieninstitut e.V.
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Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges 'Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere' Interview mit Dr. Hans-Ulrich Engel, Finanzvorstand, BASF SE Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz Die neue Führungsriege der BASF, die das Unternehmen seit fast einem Jahr leitet, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Hans-Ulrich Engel, Finanzvorstand der BASF, betont in einem Interview mit dem Finanzplatz die Bedeutung der Chemie für die Lösung der drängenden globalen Herausforderungen und erläutert, welchen Einfluss das Thema Nachhaltigkeit in der Vergangenheit und in der Zukunft auf das Unternehmen haben wird. Herr Engel, Ende letzten Jahres haben Sie zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock und Ihrem Vorstandskollegen Martin Brudermüller die Unternehmensziele bis zum Jahr 2020 vorgestellt. Danach soll der Umsatz von 64 Mrd. EUR im Jahr 2010 auf 115 Mrd. EUR im Jahr 2020 steigen. Wieso legen Sie in einem so schwierigen wirtschaftlichen Umfeld wie gerade jetzt die Messlatte so hoch? Die strategische Positionierung der BASF darf sich nicht an den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem Teil unserer regionalen Märkte ausrichten. Wir haben für die Entwicklung unserer 'We create chemistry'-Strategie den Blick auf mittel- und langfristige Wachstumspotenziale gelenkt. Und da sehen wir gute Perspektiven für profitables Wachstum der chemischen Industrie und vor allem auch der BASF. Dies unter anderem, weil wir in der Lage sind, Lösungen für eine ganze Reihe von Herausforderungen zu bieten, die sich in zunehmendem Umfang stellen. Nur mit dem Beitrag der Chemie wird es hierfür nachhaltige Lösungen geben. Nehmen Sie den Anstieg der Weltbevölkerung: Im Jahr 2050 werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Das stellt uns vor große Aufgaben, eröffnet aber auch große Chancen. Mit unseren Produkten können wir dazu beitragen, Ressourcen zu schonen, eine gesunde Ernährung zu sichern und die Lebensqualität zu verbessern. Welcher zentrale Bereich wird maßgeblich zur Erreichung dieses Umsatzziels beitragen? Das angestrebte Wachstum wird aus dem gesamten BASF-Portfolio kommen. Dabei geht es heute weniger um die Entwicklung neuer Chemikalien, sondern immer mehr um die Kombination von Know-how aus unterschiedlichen Bereichen zur Entwicklung neuer Materialien und Systemlösungen. Voraussetzungen für solche Innovationen sind interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie ein tiefes Verständnis für die Wertschöpfungsketten unserer Kunden. Wir werden unser Portfolio weiter in Richtung kundennaher Geschäftsfelder ausbauen, Themen wie Batterien und Wasser gehören dazu. Unser Ziel ist es, im Jahr 2020 rund 30 Mrd. EUR unseres Umsatzes mit Innovationen zu erzielen, die weniger als zehn Jahre auf dem Markt sind. Überraschend ist, dass trotz aller Euphorie für die Schwellenländer Europa im Jahre 2020 immer noch fast doppelt so viel zum Unternehmensumsatz beitragen wird wie die Region Asien-Pazifik. Wird das so bleiben, oder ist es nur eine Frage der Zeit, bis die BASF ihren Hauptumsatz in Asien macht? In den Regionen Asien-Pazifik und Südamerika, Afrika, Naher Osten wollen wir jährlich um 8% wachsen, sehr viel stärker als etwa in Europa. Das sind ambitionierte Ziele. In den aufstrebenden Volkswirtschaften wird das Chemiewachstum in den kommenden Jahren besonders dynamisch sein. Dieser Trend wird dazu führen, dass der Anteil unseres Umsatzes ohne Öl und Gas in den heutigen Schwellenländern steigt, von 34% im Jahr 2010 auf 45% im Jahr 2020. Wir wollen aber auch in unserem Heimatmarkt Europa und in Nordamerika weiter profitabel wachsen. Batterien für Elektroautos ist ein hervorgehobenes Wachstumsfeld für Ihr Unternehmen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 2020 bereits eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Ist das überhaupt realistisch? Wenn Industrie, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft an einem Strang ziehen, kann die Elektromobilität zu einer bezahlbaren und nachhaltigen Alternative werden. Ohne einen engen Schulterschluss geht es jedoch nicht. Große Herausforderungen können nicht von einzelnen Gruppen gelöst werden, sondern nur in Zusammenarbeit. Mit der Nationalen Plattform Elektromobilität sind wir insoweit sehr gut aufgestellt. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir Deutschland bis 2020 nicht nur zum Leitmarkt, sondern auch zum Leitanbieter für Elektromobilität machen können. Erklärtes Ziel der Plattform ist, dass 2020 eine Million E-Fahrzeuge über deutsche Straßen rollen. Welchen Beitrag kann die BASF in diesem Bereich leisten? Als führendes Chemieunternehmen können wir maßgeblich zu einer bezahlbaren und nachhaltigen Elektromobilität beitragen. Derzeit bauen wir zum Beispiel eine Anlage für die Herstellung von Kathodenmaterial für Batterien in Elyria/Ohio und forschen an Materialien für leistungsfähigere Batterien der nächsten Generation. BASF-Kunststoffe tragen dazu bei, Gewicht zu reduzieren und damit die Reichweite zu erhöhen. Außerdem liefern wir Lösungen für ein besseres Wärmemanagement im Elektroauto, wie Infrarot reflektierende Pigmente oder isolierende Hochleistungsschäume. Tolle Beispiele für unsere Lösungen für die Elektromobilität finden Sie im von Daimler und BASF gemeinsam entwickelten Konzeptfahrzeug smart forvision, das wir auf der IAA 2011 in Frankfurt vorgestellt haben. Das Thema Nachhaltigkeit spielt für das Erreichen der Unternehmensziele eine wichtige Rolle. Hat die BASF nicht immer eine nachhaltige Unternehmensstrategie betrieben? Was hat sich in der Nachhaltigkeitspolitik der BASF verändert? Verändert hat sich im Laufe der Zeit der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit – von der Bewältigung spezifischer Probleme hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung, vom Kostenfaktor hin zum Wachstumsfaktor. Bis in die 80er Jahre ging es vor allem um Arbeits- und Anlagensicherheit und die Reduzierung von Emissionen. In den 90ern standen dann Klimaschutz und Kostenersparnisse im Vordergrund. Ende der 90er wurde das Thema dann um die Komponente der gesellschaftlichen Verantwortung erweitert. Wir erleben schon jetzt und werden dies in Zukunft noch stärker sehen, dass Nachhaltigkeit ins Geschäft integriert und ein stärkerer Werttreiber wird. Das Wachstum der Weltbevölkerung und die damit einhergehenden demografischen Veränderungen erfordern nachhaltige Lösungen. Wir haben unser Streben danach im Unternehmenszweck der BASF verankert: 'We create chemistry for a sustainable future.' Statt eines gesonderten Nachhaltigkeitberichts ist in den letzten Jahren das sogenannte 'integrated reporting', also die Berichterstattung, bei der Finanz-, Umwelt- und soziale Informationen in einem 'integrierten' Format zusammengefasst werden, in den Vordergrund gerückt. Welche Vorteile bietet ein solches Format für Investoren? Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung und dem Schutz der Umwelt. Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unserer Strategie. Kunden wollen nachhaltige Produkte, die Industrie will nachhaltige Lösungen und Mitarbeiter wollen in Unternehmen arbeiten, die Nachhaltigkeit ernst nehmen. Den ersten Umweltbericht haben wir bereits 1988 veröffentlicht. Seit 2007 dokumentieren wir die wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Leistung der BASF in einem integrierten Finanz- und Nachhaltigkeitsbericht. Für die Investoren hat das den Vorteil, dass sie nicht nur die finanziellen Kennzahlen erhalten, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abschätzen können. Ende letzten Jahres hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung harsche Kritik an den IFRS geübt. Es wurde unter anderem gefordert, die Anwendung von Zeitwerten (Fair Value) in den Bilanzen zu beschränken und die Werthaltigkeitsprüfung (Impairmenttest) durch regelmäßige Abschreibungen zu ersetzen. Wie beurteilen Sie diese Forderungen? In Deutschland haben wir mit dem HGB ein Rechnungslegungsregelwerk, das die Verlässlichkeit und somit die Objektivität des Zahlenmaterials in den Vordergrund stellt. Die IFRS haben hingegen viele angloamerikanisch geprägte Regelungen übernommen. Dies ist zum Beispiel bei der angesprochenen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, dem Fair Value, der Fall. Sollte kein aktiver Markt existieren, muss die Bewertung unter Umständen mit Hilfe von Modellen vorgenommen werden, bei denen die Parameter vom jeweiligen Unternehmen selbst zu bestimmen sind. Gleiches gilt bei der Werthaltigkeitsprüfung: Auch hier hängt die Bewertung in starkem Maße von den verwendeten Wachstumsraten, Zinssätzen sowie der Fremd- und Eigenkapitalausstattung ab. Diese Methodik impliziert somit eine gewisse Subjektivität. Viele Unternehmen kritisieren auch, dass die Komplexität der IFRS ständig zunimmt und damit die Anwendung derselben immer aufwendiger wird. Teilen Sie diese Auffassung? Welche Aspekte halten Sie für reformbedürftig? Die vergleichsweise häufigen Regeländerungen und die Komplexität der IFRS stellen sicher Herausforderungen für uns dar. Die Rechnungslegung nach IFRS ist einerseits sehr aufwendig, andererseits hat ihre Anwendung aber auch dazu geführt, dass die veröffentlichten Daten von Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, vergleichbarer geworden sind. Daher kann ich die Kritik am hohen Aufwand nachvollziehen, sehe zugleich aber auch die Vorteile. Das aktuelle Arbeitsprogramm des International Accounting Standards Board zeigt zudem, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Das europäische Gesellschaftsrecht steht dieses Jahr im Fokus der EU-Kommission. Die BASF hat sich 2008 als eines der ersten deutschen Großunternehmen in eine Societas Europaea (SE, europäische Aktiengesellschaft) umgewandelt. Die komplexe rechtliche Struktur der SE wird von vielen als Manko gesehen. Sehen Sie das auch so? Sollte in diesem Zusammenhang eine stärkere europäische Harmonisierung erfolgen? Die rechtliche Struktur der Societas Europaea ist weitgehend vergleichbar mit der einer Aktiengesellschaft in ihrem jeweiligen Sitzland. Für eine deutsche SE, wie die BASF SE, gelten mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften des deutschen Aktiengesetzes. Die gesellschaftsrechtlichen Regeln der SE sind daher aus unserer Sicht kein Grund, der gegen die SE spräche. Die SE bietet in Teilbereichen eine deutlich höhere Flexibilität: Denken Sie an die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Hier gilt nicht das nur die deutschen Arbeitnehmer berücksichtigende Mitbestimmungsgesetz. Vielmehr können Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung eine für das Unternehmen maßgeschneiderte Ausgestaltung der Mitbestimmung aushandeln. Das sehen wir als echten Vorteil. Herr Engel, wenn Sie einen Wunsch an die Politik frei hätten: Was würden Sie sich wünschen? Wir müssen noch mehr als bisher in Bildung investieren. Kluge Köpfe sind die wichtigste Ressource, die wir hierzulande haben. Wir müssen als Zuwanderungsland für Wissenschaftler und Fachkräfte attraktiver werden. Im internationalen Vergleich hinken wir hinterher. Darüber hinaus wünsche ich mir von der Politik einen Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu zählen für mich neben der Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen vor allem ein positives Klima für Innovationen und eine Aufgeschlossenheit für neue Technologien. Vorsicht ist gut. Übertriebene Vorsicht kann schnell zum Hemmschuh werden. Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere. Im globalen Wettbewerb wartet niemand auf Deutschland. Ende der Corporate News 06.03.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. Medienarchiv unter http://www.dgap-medientreff.de und http://www.dgap.de |
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