Nobelpreistechnologie für eine verbesserte Medikamentenentwicklung
StemBANCC – ein ambitioniertes, internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung von 25 akademischen Partnern und 11 Partnern der Pharmaindustrie aus ganz Europa ist gestartet. Ausgestattet mit einem Budget von insgesamt 55,6 Millionen Euro hat StemBANCC die Entwicklung neuer Therapieansätze für Alzheimer, Parkinson, Diabetes und andere wichtige Volkskrankheiten zum Ziel. Dabei setzt das auf 5 Jahre angelegte Projekt auf Erkenntnisse aus der Stammzellenforschung für eine verbesserte Wirkstoffforschung und wird eine Plattform mit insgesamt 1500 pluripotenten Stammzelllinien, sogenannten iPS (induzierte pluripotente Stammzellen), aufbauen. Für die iPS-Technologie ist letztes Jahr der Nobelpreis in Medizin verliehen worden. Das NMI bringt bei StemBANCC seine Expertise im Bereich Elektrophysiologie ein. Unter Leitung von Prof. Dr. Elke Guenther, Leiterin des Fachbereichs Zellbiologie am NMI, übernimmt ihr Forscherteam die Charakterisierung der Funktionsfähigkeit der Stammzellen und deren pharmakologische Validierung.
Die Entwicklung effektiver und sicherer Medikamente ist ein schwieriger und äußerst
aufwändiger Prozess. Auf dem Weg zur Zulassung scheitern viele Medikamente erst spät, da
die ersten Studien und Tests die Bedingungen im menschlichen Körper nur unzureichend
abbilden. Zum Teil werden tierische Zellen zur Prüfung herangezogen, zum Teil werden
menschliche Zellen verwendet, die für ihren Einsatz in Zellkulturen derartig verändert werden
müssen, dass sie ihr natürliches Verhalten verlieren. Beide Wege sind wenig effektiv und
brauchen viel Zeit. Für eine verbesserte Medikamentenentwicklung werden daher Zellen
benötigt, die die Bedingungen im menschlichen Körper exakter imitieren. Hier setzt
StemBANCC an.
Nobelpreistechnologie iPS-Zellen
Vorläuferzellen von Funktionszellen können nur in Zellen des gleichen Typs differenziert
werden – so können beispielsweise aus Vorläuferzellen von Hautzellen nur andere Hautzellen
oder aus Blutzellen nur andere Blutzellen gewonnen werden. Nur embryonale Stammzellen
sind pluripotent, d.h. sie sind in der Lage, sich in jegliche Zellen des menschlichen Körpers zu
entwickeln. Vor einigen Jahren haben Forscher jedoch einen Weg gefunden, gewöhnliche
Vorläuferzellen in sogenannte iPS (induzierte pluripotente Stammzellen) zu reprogrammieren.
iPS können wie embryonale Stammzellen in alle Zelltypen differenzieren. Das medizinische
Potenzial solcher Zellen ist enorm und soll im Rahmen von StemBANCC für eine verbesserte
Wirkstoffforschung genutzt werden.
Für die Entwicklung der ersten iPS erhielten John Gurdon und Shinya Yamanaka 2012 den
Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
Aufbau einer einzigartigen iPS-Plattform
Herzstück von StemBANCC ist der Aufbau einer Plattform mit 1500 iPS von 500 Patienten.
Verbunden mit einer umfassenden Charakterisierung und Qualitätsprüfung der Zellen wird die
Plattform die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapieansätze bilden.
Für das Projekt werden Haut- und Blutzellen verwendet, die von Patienten mit bekannten
Krankheiten oder bekannter Medikamentenunverträglichkeit aber auch von gesunden
Menschen gespendet werden. Bei der Auswahl werden strenge ethische Standards
eingehalten.
Im Fokus der Forschungen bei StemBANCC stehen Störungen im peripheren und im zentralen
Nervensystem sowie Neurodysfunctional-Krankheiten (wie z.B. Parkinson, Migräne,
Schizophrenie, Depression) und Diabetes. Gleichzeitig wird StemBANCC die iPS für
toxikologische Prüfungen nutzen. Vorgesehen ist hierfür die Entwicklung von Leber-, Herz-,
Nerven- und Nieren-Zellen aus den iPS.
StemBANCC soll damit einen einzigartigen Pool speziell auf Patienten angepasster, gut
charakterisierter iPS-Zellen generieren. Das schafft die Voraussetzung für die Entwicklung
neuer Therapieansätze für bisher unheilbare Krankheiten und die verbesserte Prüfung neuer
Medikamente auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit.
Die Innovative Medicines Initiative
Die Innovative Medicines Initiative (imi) ist Europas größte öffentlich-private Initiative für die
Förderung pharmazeutischer Innovationen unter Beteiligung der Europäischen Union und
EFPIA. Bei IMI arbeiten Unternehmen aus Industrie und Forschung zusammen, um die
schnellere Entdeckung und Entwicklung besserer und sicherer Medikamente für Patienten
voranzutreiben sowie die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von europäischen
Produkten zu unterstützen. Schwerpunkte der Initiative liegen auf der Sicherheit der
Produkte, der Förderung junger Forscher und dem Ausbau des internationalen
Wissensnetzwerks. www.imi.europa.eu
NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen
Das NMI betreibt anwendungsorientierte Forschung an der Schnittstelle von Bio- und
Materialwissenschaften. Es verfügt über breite, interdisziplinäre Kompetenzen in Geschäftsfeldern Pharma / Biotechnologie, Biomedizintechnik und Oberflächen- / Grenzflächentechnologie.
Seit seiner Gründung im Jahr 1985 hat sich das NMI, eine gemeinnützige Stiftung
bürgerlichen Rechts, zu einer soliden Brücke zwischen Grundlagenforschung und Wirtschaft
entwickelt.
Im Geschäftsbereich Pharma und Biotechnologie unterstützt das NMI die Entwicklung neuer
Medikamente. In der Biomedizintechnik geht es um Zukunftstechnologien wie die
Regenerative Medizin und Mikromedizin für neue diagnostische und therapeutische Ansätze.
www.nmi.de
Pressekontakt NMI
Dr. Nadja Gugeler
Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 07121 51530 842
E-Mail: gugeler@nmi.de
Das Forschungsprojekt wird unter der Zuwendungsvereinbarung GA Nr.115439 durch die Innovative Medicines Initiative (imi) unterstützt und im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms (FP7/2007-2013) finanziell gefördert. Gleichzeitig unterstützen die Unternehmen von EFPIA das Projekt.