Deutsches Aktieninstitut e.V.
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Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges Andreas Schmitz, Sprecher des Vorstands, HSBC Trinkaus ‘Die Finanzmärkte zwingen die Politik nun zum Handeln’ Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz Vor sieben Jahren wurde Andreas Schmitz zum Sprecher des Vorstands von HSBC Trinkaus berufen. Im ‘Nebenamt’ ist er seit mehr als zwei Jahren auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, ein Job, um den er in diesen turbulenten Zeiten wahrlich nicht zu beneiden ist. Im Interview mit dem Finanzplatz spricht Schmitz über die Stärken von HSBC Trinkaus, die Gefahren der weiter schwelenden Staatsschuldenkrise und die Macht der Ratingagenturen und Finanzmärkte. Interview Herr Schmitz, 2010 hat HSBC Trinkaus das beste Ergebnis seiner Unternehmensgeschichte vorgelegt. Können Sie das 2011 noch steigern? In welchen Bereichen wächst HSBC Trinkaus am stärksten? Unsere Bank hat die Finanzkrise bisher hervorragend gemeistert, das Rekordergebnis im vorigen Jahr spricht für unsere Stärke, aber auch für unser Risikomanagement. Wir profitieren durchaus, weil uns viele Kunden nicht nur als ‘safe harbour’ neu entdecken, sondern auch unsere internationale Konnektivität zunehmend schätzen lernen. Wir konnten im ersten Halbjahr 2011 unseren Wachstumskurs fortsetzen und weitere Marktanteile hinzugewinnen, das gilt für alle drei Kundengruppen Firmenkunden, institutionelle Kunden und vermögende Privatkunden. Mit einer starken Kernkapitalquote von 12,8% sind wir für alle regulatorischen Herausforderungen ebenso wie für neues Geschäft hervorragend gewappnet. Wir rechnen daher wieder mit einem guten Ergebnis für 2011, allerdings sind wir aufgrund der weltweiten Turbulenzen an den Märkten etwas skeptischer als noch zu Jahresanfang. Nachdem der Verkauf der WestLB als Ganzes gescheitert ist, hat HSBC Trinkaus Interesse an Teilen der WestLB bekundet. Zuvor war ein möglicher Kauf von Teilen der IKB im Gespräch. Warum sind die Gespräche mit der IKB gescheitert? Was macht die WestLB interessanter? Wir haben immer gesagt, dass wir in erster Linie organisch wachsen wollen, aber Akquisitionen, die zu uns passen, nicht ausschließen. Die IKB oder die WestLB wurden lange Zeit als Ganzes angeboten, das zu übernehmen, hätte für uns keinen Sinn gemacht. Der Teil der WestLB, der das Geschäft mit Firmenkunden und strukturierter Finanzierung umfasst, ist für uns eher interessant, da er unser eigenes Geschäft im gehobenen Mittelstand ergänzen kann. Durch unsere Zugehörigkeit zur HSBC, der drittgrößten Bankengruppe der Welt und der größten Europas, sind wir in diesem Bereich ein Global Player für deutsche Unternehmen, die wir in alle wichtigen Märkte, insbesondere in die Emerging Markets, begleiten können. Daher sind wir in Gesprächen mit der WestLB. In verschiedenen Interviews haben Sie davor gewarnt, die Banken mit einer überbordenden Regulierung zu strangulieren. Sind Sie der Ansicht, dass die in Reaktion auf die Finanzkrise erlassenen neuen Regelungen ausreichend sind, um eine Wiederholung einer entsprechenden Finanzkrise zu verhindern? In welchen Bereichen droht Überregulierung? Außer Zweifel steht, dass wir als Konsequenz aus der Krise weltweit eine bessere Regulierung der Finanzmärkte benötigen. Auf diesem Weg ist seit dem G-20 Gipfel von Washington im Herbst 2008, also kurz nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, eine Menge erreicht worden. Damals gab es keinen etablierten Mechanismus, wie eine in Schieflage geratene systemrelevante Bank abzuwickeln sei, ohne damit die Stabilität des Gesamtsystems zu gefährden. Da sind wir heute einen großen Schritt weiter. Doch keine Krise ist wie die zuvor. Politik und Aufsicht müssen immer wieder hinterfragen, ob die Maßnahmen ausreichen. Wir unterstützen die Bemühungen ausdrücklich. Wichtig ist dabei, Deutschland nicht isoliert zu betrachten – denn wir stehen im globalen Wettbewerb. Jedes einzelne Regulierungsvorhaben mag für sich gesehen angebracht sein, doch das Gesamtbild muss stimmen. Die Staatsschuldenkrise in den USA und in Teilen Europas hat sich dramatisch zugespitzt. Welche Auswirkungen sehen Sie für den Finanzplatz Deutschland? Ich glaube, wir sind gerade Zeuge eines Paradigmenwechsels an den Finanzmärkten. Die Zeiten, in denen staatliche Wertpapiere von Industrieländern als risikolos erachtet wurden, dürften zu Ende sein. Daraus werden sicherlich Anpassungsprozesse der institutionellen Investoren resultieren. Wie diese aussehen werden, ist schwer zu sagen. Aber die Bedeutung alternativer Anlageprodukte wird sicherlich zunehmen. Und die Regierungen werden in einem stärkeren Wettbewerb mit anderen Emittenten stehen. Sie müssen in der Zukunft stärker um Investoren werben, sie wie jeder ‘normale’ Emittent auch von ihrem Produkt überzeugen. Staaten sind heute mehr als früher gezwungen, professionelle Investor Relations zu betreiben. Dazu gehört vor allem, dass die Politik ihren Kreditgebern besser erklären muss, wie sie die Staatsfinanzen in den Griff bekommen will und wird. Das gilt aber nicht nur für Griechenland, Irland, Portugal oder die USA. Das gilt auch für Deutschland. Dies ist durchaus ein positiver Effekt. Die Finanzmärkte werden nämlich auf diese Weise zur Disziplinierung des staatlichen Ausgabenverhaltens beitragen. Das, was wir derzeit an den europäischen Finanzmärkten erleben, dass die Unterschiede in der Bonität der einzelnen Staaten der Eurozone wieder wahrgenommen, die Risiken also wieder differenzierter bewertet werden, ist keine Ausnahmesituation, das sollten wir als die neue Normalität anerkennen. Die deutsche Bonität wird vom Markt bis dato nicht in Frage gestellt und Deutschland zahlt historisch niedrige Zinsen. Welche Gefahren sehen Sie für die deutschen Staatsfinanzen? Die akuteste Gefahr sehe ich im Moment darin, dass wir die Staatsschuldenkrise in der Eurozone politisch nicht in den Griff bekommen. Wir dürfen nicht zur Stabilisierung einzelner Länder weitere und immer größere Hilfspakete schnüren, die in der Konsequenz die Fähigkeiten der europäischen Staatengemeinschaft und damit auch Deutschlands übersteigen werden. Wir sind drauf und dran, die Regierungen der noch solventen Länder der Eurozone quasi zum ‘Lender of last resort’ zu machen. Mit einer solchen Funktion wären sie aber überfordert und würden ihre eigene Zahlungsfähigkeit gefährden. Einen ‘Lender of last resort’ für Staaten kann und darf es nicht geben. Politisch stehen wir damit vor der historischen Frage, ob wir den europäischen Integrationsprozess, der uns seit mehr als einem halben Jahrhundert Frieden und Wohlstand beschert, fortführen wollen. Wenn ja, müssen wir dazu die zu Tage getretenen Konstruktionsfehler der Währungsunion in Angriff nehmen. Wenn wir in Europa füreinander haften, was de facto schon der Fall ist, dann brauchen wir zwingend schlagkräftige europäische Instanzen, die die fiskalische Disziplin aller Mitgliedstaaten streng im Auge haben. Ausgestattet mit den notwendigen Kompetenzen und Befugnissen, um auch wirksame Konsequenzen zu ziehen. Mit ihren aktuellen Ratings der in Schwierigkeiten geratenen europäischen Mitgliedstaaten haben die Ratingagenturen sich jetzt den Zorn der Politik zugezogen. In der Finanzkrise hatten sie nicht gerade eine gute Figur gemacht. Haben die Ratingagenturen Ihrer Meinung nach zu viel Macht? Können wir überhaupt auf externe Ratings verzichten? Die Ratingagenturen haben vor Ausbruch der Krise strukturierte Produkte und insbesondere Verbriefungen in zu vielen Fällen zu positiv und nicht risikoadäquat bewertet. Dies wird auch von den Ratingagenturen selbst so gesehen. Sie haben daraus gelernt. Nun wird ihnen in der Staatsschuldenkrise zum Vorwurf gemacht, dass sie ihre Aufgabe ernst nehmen. Von politischer Seite wird nun die Macht der Ratingagenturen beklagt, aber nicht nur die, sondern die Macht der Finanzmärkte insgesamt. Die Finanzmärkte zwingen die Politik nämlich nun zum Handeln. Seit Jahrzehnten wird von Ökonomen vor der wachsenden Staatsverschuldung gewarnt, bislang ist, wenn man von der Schuldenbremse in Deutschland absieht, aber wenig geschehen, um diesen Trend zu stoppen. Nun, da sich an den Finanzmärkten die Einsicht durchsetzt, dass die Finanzierung weiter steigender Staatsschulden nicht zu verantworten sei, ist die Not groß. Ratingagenturen sind da ein willkommener Sündenbock. Wenn nun über ihre Macht geklagt wird, sollten diejenigen, die das tun, nicht vergessen, dass sie diese noch vor wenigen Jahren als Lösung für die bankaufsichtsrechtliche Bewertung von Kreditrisiken begrüßt haben. Der zweifelsohne gewachsene Einfluss der Ratingagenturen ist also zum erheblichen Teil aufsichtsrechtlich begründet. Ob zur Hinterlegung von Wertpapieren, ob in den Anlagerichtlinien wichtiger Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds. Will man die Macht der Ratingagenturen reduzieren, muss man hier ansetzen. Grundsätzlich bieten externe Ratings eine wichtige Orientierung bei der Bewertung von Risiken, aber man darf in keinem Fall den Fehler machen, die eigene Risikobewertung an Ratingagenturen auszulagern. Hier sehe ich aufsichtsrechtlichen Handlungsbedarf. Ein externes Rating ist eine valide Meinung, aber kein unfehlbares Urteil und sollte auch nicht wie ein solches behandelt werden. Würde eine europäische Ratingagentur die Lage verbessern? Was halten Sie von der aktuell diskutierten Stiftungsidee? Grundsätzlich ist mehr Wettbewerb in allen Märkten von Vorteil. Dies gilt auch für den Markt für Ratings. Hier besteht seit vielen Jahrzehnten ein stabiles Duopol aus Moody’s und S&P. Fitch kann diesen beiden auch nach etlichen Fusionen noch nicht das Wasser reichen. Man kann dies sicherlich kritisieren, aber man muss sich selbstverständlich auch die Frage stellen, warum ist das so? Selbst in den USA, wo die Finanzmärkte wesentlich stärker auf das System externer Ratings bauen, ist es in vielen Jahrzehnten nicht gelungen, die Marktposition der beiden großen Agenturen anzugreifen. Eine Erklärung könnte sein, dass die Marktteilnehmer eine einheitliche, aber solide Risikobewertung einer Vielzahl von Meinungen vorziehen. Das Faktum eines stabilen Oligopols wird jeder Investor berücksichtigen müssen, der in Europa eine neue Ratingagentur gründen möchte. Das von Ihnen erwähnte Stiftungsmodell, für das ja Roland Berger ein Konzept vorgelegt hat, beobachte ich mit Interesse. Da für seinen Erfolg aber sehr komplexe Gesetzesänderungen notwendig sind, lassen sich seine Erfolgsaussichten derzeit nicht beurteilen. Herr Schmitz, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat die Notenbanken aufgefordert, die Leitzinsen zu erhöhen. Sie warnt vor Inflation und dem Entstehen einer Vermögensblase. Während die EZB einen ersten Schritt bereits getan hat, hat die amerikanische Notenbank die Fortsetzung ihrer Nullzinspolitik bis 2013 angekündigt. Wäre es nicht auch im Angesicht der begünstigt durch die niedrigen Zinsen wachsenden Schulden der Staaten wünschenswert, das Zinsniveau deutlich anzuheben? Eine Lehre aus der Finanzmarktkrise muss sein, dass die Notenbanken auch die Geldmengenentwicklung und Kreditexpansion wieder stärker in den Blick nehmen. Die Europäische Zentralbank ist in diesem Zusammenhang mit ihrer in der Vergangenheit vielfach zu Unrecht kritisierten Zwei-Säulen-Strategie – einem Bündel an Inflationsindikatoren einerseits und der monetären Analyse andererseits – recht gut aufgestellt. In den USA überwiegen gegenwärtig die konjunkturellen Sorgen, weshalb dort eine Leitzinserhöhung mittelfristig nicht in Angriff genommen werden soll. Letztendlich müssen aber auch jenseits des Atlantiks die entsprechenden Lehren aus der Finanzmarktkrise gezogen werden. Dabei geht es auch darum, dass die Geldpolitik künftig symmetrischer auf konjunkturelle Auf- und Abschwünge reagiert sowie längerfristig ausgerichtet wird. Außerdem sollte auch eine funktionstüchtige makroprudenzielle Aufsicht etabliert werden, also eine Aufsicht für den Finanzsektor, die gesamtwirtschaftliche Risiken für die Finanzmarktstabilität adressiert und im Rahmen ihrer Möglichkeiten bekämpft. Ende der Corporate News 02.09.2011 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. Medienarchiv unter http://www.dgap-medientreff.de und http://www.dgap.de |
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